Gabriel - Duell der Engel

Kaja Bergmann Gabriel Duell der Engel

Der 17-jährige Gabriel spürt, dass er ein Engel ist. Und er hat einen Auftrag, den nur er erfüllen kann: Er muss Seraphin stoppen, einen Todesengel, der wahllos Menschen tötet. Als Seraphin einen weiteren Mord ankündigt, sieht Gabriel nur noch eine Chance ... oder ist es schon zu spät?

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Leseprobe

Vorgeschichte


Mit fünf Jahren erfuhr ich, dass ich adoptiert war. Mit zehn Jahren verstand ich, was das bedeutet.
Meine Adoptiveltern waren für mich immer meine einzig wahren Eltern gewesen. Schon immer. Für immer. Meine leiblichen Eltern hatten mich nie interessiert. Ich verstehe nicht, wie jemand Menschen suchen kann, die einen behandelt haben wie das letzte Stück Dreck. Schlimmer noch. Dreck existiert. Immerhin. Für meine leiblichen Eltern existierte ich scheinbar nicht.
Ich wurde aus dem Waisenhaus geholt, als ich gerade mal drei Wochen alt war. So in etwa. Mein genaues Alter weiß ich nicht. Meinen Eltern wurde erzählt, als man mich vor der Tür des Hauses gefunden habe, hätte ich ein Schild um den Hals getragen. Darauf habe "Gabriel" gestanden. Sie beschlossen, den Namen zu behalten.
Wir wohnten in einem kleinen Einfamilienhaus in Frankfurt. Ich hasste diese Stadt. Sie war laut, dreckig und grau. Es schien immer zu regnen, auch wenn die Sonne schien. Nein, Regenbogen habe ich hier noch nie gesehen. Nein, wirklich nicht.
Mit meinen Eltern kam ich immer gut klar, obwohl (oder weil?) beide wegen ihrer Jobs nie viel Zeit für mich hatten. Auch in dieser, meiner Geschichte werden sie keine große Rolle spielen. Genauer: Sie werden gar keine Rolle spielen.
Geschwister hatte und vermisste ich keine.
Meine Kindheit war kurz und glücklich. Kurz, weil ich mich kaum an sie erinnern kann. Glücklich, weil das, was ich noch weiß, nicht traurig ist.
Ich erinnere mich an eine Sportstunde in der sechsten Klasse. Es war Sommer. Unglaublich heiß. Die Sonne brannte auf die Laufstrecke und ich konnte die Luft flimmern sehen. Wir saßen im Schatten eines unpassend neben dem Platz emporragenden Baumes und sollten unseren Puls messen. Den Zeigefinger auf die Innenseite des Handgelenks legen. Dann sollten wir eine Runde laufen, schnell laufen, uns wieder hinsetzen und den Puls noch einmal messen.
Ich habe ihn nicht gefunden. Habe dann einfach irgendwelche Zahlen leicht verändert von anderen abgeschrieben.
Später habe ich ihn nochmal gesucht, meinen Puls. Gefunden habe ich ihn nie.
Drei Jahre später wurde mir klar, dass ich tot war.